Schwerpunktbeitrag: Auf den Spuren des Atlantikwalls

Der Atlantikwall – eine europäische Verteidigungslinie

Nach dem Überfall auf die Niederlande am 10. Mai 1940 beschloss das Oberkommando der deutschen Wehrmacht am 14. Dezember 1941, eine Verteidigungslinie entlang der besetzten europäischen Westküste zu bauen, den Atlantikwall. Der Bau dieser Verteidigungslinie fand in den Jahren 1942 bis 1944 statt. Der Atlantikwall war eine etwa 2.685 km lange Verteidigungslinie und lief von Norwegen über Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich bis an die Grenze zu Spanien. Die Verteidigungslinie, die im Übrigen nie vollständig fertig gestellt wurde, bestand aus Bunkern, Kanonen, Barrikaden und Minenfeldern.

Der Atlantikwall in Den Haag und Scheveningen

Auch Den Haag und Scheveningen blieben vom Bau des Atlantikwalls nicht verschont. So blieb der Strand von Scheveningen während der deutschen Besatzung zunächst für die Bevölkerung zugänglich, doch aufgrund des Baus des Atlantikwalls wurden die Dünen und der Strand im Frühjahr 1942 zum Sperrgebiet für Zivilisten erklärt. Bald darauf wurden 350 Häuser im Küstenstreifen von Duindorp und Scheveningen-Dorp evakuiert und abgerissen. Im Oktober 1942 wurde auch ein größerer Teil von Scheveningen mit einem Teil des westlichen Den Haags zum Sperrgebiet erklärt. Für den Bau von Bunkern und Barrikaden und die Räumung der Brandherde wurden etwa 30.000 Häuser abgerissen und etwa 50.000 Bäume in Wäldern und Parks gefällt. Von den groß angelegten Evakuierungen waren mehr als 140.000 Einwohner betroffen. 90 Prozent der mehr als 28.550 Wohnungen in der „Festung“ wurden geräumt. Um ein schnelles Vorrücken der Alliierten zu verhindern, wurde ein 5,5 Kilometer langer und 27 Meter breiter Panzergraben angelegt. Dieser verlief im Zickzack von Kijkduin über die Sportlaan, die Segbroeklaan, die heutige President Kennedylaan und die Johan de Wittlaan bis nach Zorgvliet. Die Barrikade setzte sich dann als Panzermauer und Barrikade mit langen Reihen von Drachenzähnen in Richtung Waterpartij (ebenfalls zu einem Panzergraben ausgehoben) fort, ging weiter bis zum Kanal und machte kurz hinter dem Plesmanweg einen Knick. Danach verlief sie in gerader Linie entlang des bereits vorhandenen Wassers in der Nähe des Kwekerijweg bis zur Van Alkemadelaan und dem Dünengebiet.

Am 26. März 1943 zerstörte ein Feuer die Holzkonstruktion des Piers, den Rest übernahm die Wehrmacht. Sie trug die verbliebenen Holzpfähle ab – aus Angst, der Pier könnte als Landungsbrücke für die Invasion der Alliierten dienen.

Erinnerungsorte

Unter dem Motto „Stellen wir uns der Vergangenheit, um für die Zukunft zu lernen“ gibt es einige Möglichkeiten, sich die Geschichte der deutschen Besetzung Den Haags und des Atlantikwalls vor Augen zu führen.

Das Atlantikwall Museum

Der wichtigste Standort des Atlantikwall Museums sowie der gleichnamigen Stiftung ist ein authentisch ausgestatteter Kommandobunker vom Typ 608 (Bataillons-, Abteilungs- oder Regiments-Gefechtsstand). Von diesem Bunker und den nahe gelegenen Villen aus wurde die militärische Führung der „Stützpunktgruppe Scheveningen“ durch die Besatzungstruppen ausgeübt. Der Bunker ist weitgehend original erhalten und vermittelt dem Besucher das einzigartige Erlebnis einer greifbaren Vergangenheit. Außerdem sind historische Originalobjekte der deutschen, britischen, kanadischen und amerikanischen Streitkräfte ausgestellt.

Daneben gibt es in der Nähe des Boulevards von Kijkduin ein verstecktes Gangsystem unter den Dünen, das zum Komplex Widerstandsnest 67 HL gehört. Der größte Teil dieses riesigen Komplexes wurde für den Bau des Einkaufszentrums und der Wohnungen dahinter abgerissen. In der Düne hinter dem NH Atlantic Hotel sind jedoch noch etwa einhundertdreißig Meter Tunnel mit sechs verbundenen Bunkern erhalten. In diesem Teil des Komplexes war unter anderem die Flugwache untergebracht, ein Teil der Luftwaffe, der den Luftraum nach feindlichen Flugzeugen absuchen musste.

Erinnerungsroute Atlantikwall Den Haag

Neben dem Atlantikwall Museum kann man mit einer Wanderung auf der „Herinneringsroute Atlantikwall“ entdecken, wie der Atlantikwall Den Haag für immer verändert hat. Die Dauer der gesamten Wanderung zwischen Madurodam und Goudsbloemlaan liegt je nach Lauftempo und Verweilzeit an den Informationstafeln zwischen 2,5 und 3,5 Stunden. Es kann jedoch sinnvoll sein, sie in zwei Etappen zu wandern und am Kunstmuseum zu unterbrechen.

Weitere Erinnerungsorte

Neben dem „Atlantikwall Museum“ und der „Erinnerungsroute Atlantikwall Den Haag“ gibt es noch weitere Möglichkeiten, den Spuren des Atlantikwalls in der Stadt zu folgen: Mit der „Bunkerwandeling“ bietet die Gilde Den Haag einen Spaziergang entlang der Überreste der Festung Clingendael und der Kommandozentrale der Festung Scheveningen an. Die „Atlantikwall-Wanderroute in Noordwijk“ führt entlang der Überreste des Atlantikwalls in der Dünenlandschaft in der Nähe von Noordwijk. Dort gibt es auch ein weiteres Museum zum Atlantikwall.

Dossier „Atlantikwall Den Haag“

Weitere Hintergrundinformationen sowie alle Links zu den Möglichkeiten, die Geschichte des Atlantikwalls auf eigene Faust zu entdecken, finden Sie in einem umfangreichen Dossier.

Text: Christian Schneider
Foto: Vincent van Zeijst, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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