Auf Vorschlag von Heide Klijn stellen wir Ihnen monatlich ein Gedicht vor, das diesem Monat beziehungsweise der Jahreszeit gewidmet ist.
Wir führen die Reihe fort mit dem Gedicht „Schnee“ von Franziska Stoecklin.
Schnee
Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
schwebe, sinke –
breit alles in Schweigen
und Vergessenheit!
Gibt es noch Böses,
wo Schnee liegt?
Verhüllt, verfernt er nicht
alles zu Nahe und Harte
mit seiner beschwichtigenden
Weichheit, und dämpft selbst
die Schritte des Lautesten
in Leise?
Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
den Menschen, den Tieren! –
Weißeste Feier
der Abgeschiedenheit.
Franziska Stoecklin (* 11. September 1894 in Basel; † 1. September 1931 ebenda) war eine Schweizer Schriftstellerin und Künstlerin.
Stoecklin war die Tochter des Basler Kaufmanns Johann Niklaus Stoecklin und dessen Frau Genoveva Fanny Stoecklin-Müller. Einer ihrer Brüder war der Maler Niklaus Stoecklin. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Basel machte sie sich 1913 selbständig und begann ein künstlerisches Bohèmeleben. Im folgenden Jahr reiste sie mit ihrem Bruder Niklaus und einer Freundin nach München, wo sie unter anderen Karl Wolfskehl, Johannes R. Becher, Hugo Ball und Emmy Hennings kennenlernte. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte sie in die Schweiz zurück. 1920 heiratete sie Harry Betz, einen Buchhandelsgehilfen aus Zürich. 1928 erfolgte die Scheidung. Nach der Trennung zog sie, schwer herzleidend, in das Tessin, wo sie im Kreis um das Ehepaar Ball-Hennings verkehrte und von Rainer Maria Rilke literarisch gefördert wurde. 1931 starb sie nach einjährigem Aufenthalt im St. Claraspital in Basel.
1920 veröffentlichte sie einen ersten Gedichtband. Es folgten zwei Bände mit lyrischer Prosa und 1925 ein weiterer Gedichtband Die singende Muschel. Die Themen ihrer Lyrik sind Traum, Liebe, Tod und Natur, wobei im ersten Band die Liebeslyrik dominiert, während im zweiten Band das Thema Tod in den Vordergrund tritt.
Quellen und zum Weiterlesen
Wikipedia
Gedichte von Francisca Stoecklin
Foto: Heide Klijn