Auf Vorschlag von Heide Klijn stellen wir Ihnen monatlich ein Gedicht vor, das diesem Monat beziehungsweise der Jahreszeit gewidmet ist.
Wir führen die Reihe fort mit dem Gedicht „An den Winter“ von Elisabeth Kulmann.
An den Winter
Willkommen, lieber Winter,
Willkommen hier zu Land!
Wie reich du bist, mit Perlen
Spielst du, als wär‘ es Sand!
Den Hof, des Gartens Wege
Hast du damit bestreut;
Sie an der Bäume Zweige
Zu Tausenden gereiht.
Dein Odem, lieber Winter,
Ist kälter, doch gesund;
Den Sturm nur halt‘ im Zaume,
Sonst macht er es zu bunt!
Elisabeth Kulmann (geboren am 5.7.1808 in St. Petersburg; gestorben am 19.11.1825 ebenda) war die Tochter eines früh verstorbenen russischen Offiziers und einer deutschen Mutter, die für eine gute Ausbildung ihrer Kinder sorgte. Elisabeth war außergewöhnlich begabt und beherrschte als 6-jährige bereits die russische und deutsche Sprache. In kürzester Zeit lernte sie auch noch Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch, Altgriechisch und Kirchenslawisch. Sie übersetzte Gedichte Anakreons in acht Sprachen sowie italienische Dramen, spanische Fabeln und Gedichte ins Deutsche. Ihre eigenen Gedichte verfasste sie in ihren Lieblingssprachen Russisch, Deutsch und Italienisch. Ihr Lehrer schickte einige ihrer Gedichte, die sie als 13 jährige verfasst hatte an Goethe und Jean Paul. Beide lobte ihre Gedichte und Goethe prophezeite ihr eine ehrenvolle Stelle in der Literatur.
Nach der entsetzlichen Flutkatastrophe im November 1824 erkrankte sie schwer und verstarb im Alter von 17 Jahren. Auf ihrem Grab ließ die Kaiserin Alexandra Feodorowna ein Denkmal errichten mit der Aufschrift: Die erste Russin, die griechisch lernte, elf Sprachen verstand, acht sprach, obgleich ein junges Mädchen, dennoch eine ausgezeichnete Dichterin.
Quelle und weitere Informationen:
Foto: Heide Klijn