Der Friedenspalast – ein Zentrum des internationalen Friedens mitten in Den Haag

In letzter Zeit war im Den Haag-Blog „Journal aan Zee“ bereits häufig vom Friedenspalast und seiner Entstehungsgeschichte die Rede. In diesem Schwerpunkt soll nun der Friedenspalast in Hinblick auf seine eigentliche Funktion hin betrachtet werden. Der Anlass könnte aktueller nicht sein: Derzeit wird dort eine Anklage gegen Russland wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorbereitet.

Einleitung
Der Friedenspalast (niederländisch Vredespaleis) ist ein 1913 fertiggestellter Bau im Stil der Neorenaissance am Carnegieplein in einer Parklandschaft im Norden von Den Haag. Das Gebäude ist Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des Ständigen Schiedshofes, der Haager Akademie für Völkerrecht und einer bedeutenden Völkerrechtsbibliothek und gilt als beliebtes Touristenziel. Im Besucherzentrum des Friedenspalastes befindet sich eine permanente Ausstellung über die Geschichte der Friedensbewegung und die im Friedenspalast ansässigen Institutionen.

Der Internationale Gerichtshof
Der Internationale Gerichtshof (IGH) ist eines der Hauptorgane der Vereinten Nationen – neben der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat. Er ist das höchste internationale Gericht weltweit. Der IGH wurde am 18. April 1946 gegründet und arbeitet in den Amtssprachen Englisch und Französisch. Der Internationale Gerichtshof ist Nachfolger des 1922 vom Völkerbund gegründeten Ständigen Internationalen Gerichtshofs.

Im Idealfall erkennen alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen den IGH automatisch an und können ihn bei Bedarf anrufen. Die Ausnahme vom „Idealfall“ bedeutet aktuell, dass kürzlich die Ukraine das Gericht angerufen hat und die russische Delegation eine Teilnahme verweigert hat.

Seine beiden Aufgaben sind die gerichtliche Streitbeilegung zwischen Staaten (rund 80 Prozent seiner Arbeit) sowie die Beantwortung von Rechtsfragen, die von der Generalversammlung, dem Sicherheitsrat oder Sonderorganisationen der Vereinten Nationen an ihn gerichtet wurden und die Erstellung von Rechtsgutachten. Wichtig: In beiden Aufgaben geht es immer um Streitigkeiten zwischen Staaten.

Fünfzehn Richter werden von der Generalversammlung und Sicherheitsrat für eine Amtszeit von neun Jahren gewählt. Alle drei Jahre werden fünf Richter neu gewählt, eine Wiederwahl der Richter ist möglich.

Alle Urteile des Gerichts sind endgültig und können nicht angefochten werden. Wird ein Urteil von der unterlegenen Partei nicht anerkannt und umgesetzt, so kann die Gegenpartei den UN-Sicherheitsrat anrufen. Mehr als eine Empfehlung für Maßnahmen kann dieser jedoch auch nicht geben, da er keine unmittelbaren Mittel hat, um Entscheidungen durchzusetzen. Allein das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates verhindert hier oft weitergehende Maßnahmen. 

Einen guten Überblick über die Arbeit des IGH gibt der Film „Was ist der IGH? Aufgaben und Tätigkeit des Internationalen Gerichtshofs“ (YouTube, deutsch, 18 Minuten, 7 Sekunden).

Übrigens: Im Gegensatz dazu ist der Internationale Strafgerichtshof (IstGH) – ebenfalls mit Sitz in Den Haag – ein ständiges internationales Strafgericht. Er spricht Recht jedoch außerhalb der Vereinten Nationen und kann zudem nur über Individuen und nicht über Staaten zu Gericht sitzen.

Der Ständige Schiedshof
Der Ständige Schiedshof basiert auf den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 und wurde eingerichtet zur friedlichen Beilegung internationaler Konflikte. Die Schiedsinstanz hat seit 1900 seinen Sitz in Den Haag, sie ist eine administrative Einrichtung ohne unmittelbare Entscheidungsbefugnis. Der Ständige Schiedshof ist kein internationales Gericht im eigentlichen Sinne. Er bietet den Streitparteien nur die Strukturen, um eine Streitigkeit durch ein Schiedsgericht beizulegen.

Die Haager Akademie für Völkerrecht
Die Haager Akademie für Völkerrecht, gelegentlich auch als Haager Akademie für Internationales Recht bezeichnet, ist eine Lehr- und Forschungseinrichtung zum internationalen Recht. Sie entstand 1914 mit finanzieller Unterstützung der amerikanischen Stiftung „Carnegie Endowment for International Peace“, nahm jedoch aufgrund des Ersten Weltkrieges erst neun Jahre später ihre Arbeit auf. Die Akademie steht in der Tradition des Anspruchs „Frieden durch Recht“, der durch die Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 begründet worden war.

Die Völkerrechtsbibliothek
Die Völkerrechtsbibliothek ist spezialisiert auf Fachliteratur zum internationalen öffentlichen und privaten Recht, Rechtsvergleichung und Rechtsprechung aus allen Teilen der Welt. Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Bibliothek zu einer der renommiertesten Bibliotheken ihres Fachs entwickelt und wurde von Juristen, Wissenschaftlern und Studenten aus der ganzen Welt konsultiert. Die Sammlung umfasst auch Publikationen zur internationalen Politik, zur Geschichte der Diplomatie und zur Friedensbewegung.

Der wertvollste Besitz der Bibliothek sind die alten Drucke von Werken von Hugo Grotius und Erasmus, berühmte Denker des 16. und 17. Jahrhunderts, die an der Wiege der Friedensphilosophie und der Entwicklung des Völkerrechts standen.

Quellen und zum Weiterlesen
Der Internationale Gerichtshof: Wikipedia (de) / Internetseite (en)
Der Ständige Schiedshof: Wikipedia (de) / Internetseite (en)
Die Haager Akademie für Völkerrecht: Wikipedia (de) / Internetseite (en)
Die Völkerrechtsbibliothek: Internetseite (en)

Foto: Christian Schneider

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