Monatsgedicht Oktober: Jakob van Hoddis „Weltenende“

Auf Vorschlag von Heide Klijn stellen wir Ihnen monatlich ein Gedicht vor, das diesem Monat beziehungsweise der Jahreszeit gewidmet ist.

Wir führen die Reihe fort mit dem Gedicht „Weltenende“ von Jakob van Hoddis aus dem Jahr 1911.

Weltenende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Jakob van Hoddis (geboren als Hans Davidsohn 16. Mai 1887 in Berlin; gestorben 1942 vermutlich im Vernichtungslager Sobibor) war ein deutscher Dichter des literarischen Expressionismus. Er besuchte das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium (Berlin), verließ die Schule aber 1905, um einem Verweis zuvorzukommen. Bereits als Gymnasiast schrieb er erste Gedichte. Er bestand 1906 als „Externer“ das Abitur und immatrikulierte sich noch im selben Jahr an der Technischen Hochschule Charlottenburg für Architektur. Er brach 1907 das TH-Studium ab und wechselte an die Universität Jena, um Klassische Philologie zu studieren. Später ging er an die Friedrich-Wilhelms-Universität. In Berlin wurde er Mitglied der Freien Wissenschaftlichen Vereinigung, in der er den Jurastudenten und späteren Schriftsteller Kurt Hiller kennenlernte. 1908 konnte er, gefördert durch Hiller, mit einigen Gedichten debütieren. Zusammen mit Erwin Loewenson (alias Golo Gangi) gründeten sie 1909 in den Hackeschen Höfen den Neuen Club. Unter dem Namen Neopathetisches Cabaret organisierten sie ab 1910 literarische Abende. Sein Gedicht Weltende wurde 1911 zur eigentlichen Basis des Frühexpressionismus und erschien erstmals in der Zeitschrift Der Demokrat. Van Hoddis wurde Ende dieses Jahres „wegen Unfleißes“ von der Universität zwangsexmatrikuliert. 1914 hielt er seinen letzten Vortrag im Neuen Club. Ab 1915 war van Hoddis in ständiger ärztlicher Behandlung und wurde aufgrund seiner wachsenden Umnachtung privat gepflegt. 1926 wurde er auf Antrag seiner Mutter entmündigt – ein Onkel übernahm die Vormundschaft.

Nach Aufenthalt in verschiedenen Heilanstalten wurde er am 30. April 1942 in den Distrikt Lublin im von der Wehrmacht besetzten Polen deportiert und – höchstwahrscheinlich im Vernichtungslager Sobibór – im Mai oder Juni desselben Jahres im Alter von 55 Jahren ermordet.

Quelle: Wikipedia  

Foto: Foto: Gemälde „Traum des Soldaten“ von Max Beckmann (1942), Kunstmuseum Den Haag

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