Kulturbrücken: Max Liebermann und seine niederländischen Künstlerfreunde

Max Liebermann, geboren am 20. Juli 1847 in Berlin, reiste 1871 zum ersten Mal in die Niederlande – nach Amsterdam und Scheveningen, wo ihn sofort Licht, Menschen und Landschaft begeisterten.

Bevor Liebermann sich jedoch intensiver seiner „Malheimat“ Niederlande widmete, zog er 1873 nach Paris um und mietete ein eigens Atelier am Montmartre. Den Sommer 1874 verbrachte Liebermann in Barbizon, 1875 studierte er in seinem ersten Sommer in Holland die Werke von Frans Hals und Rembrandt.

Zwischen 1875 und 1914 verbrachte Liebermann viele Sommer in den Niederlanden, unter anderem bei seinem guten Freund Jozef Israëls. Nach kürzeren Aufenthalten in den Jahren 1872 und 1875 hielt sich Liebermann 1876 für ein halbes Jahr in den Niederlanden auf. Liebermann arbeitete in Amsterdam im Atelier von August Allebé und lernte durch ihn das Amsterdamer Judenviertel kennen. Im Jahr 1877 nahm er das erste Mal an einer Ausstellung in den Niederlanden teil: Levende meesters – Koninklijke Akademie van Beeldende Kunsten te Amsterdam“. 1878 kehrte er nach München zurück. Später zog er dann wieder in seine Heimatstadt Berlin. 1892 wurde Liebermann Ehrenmitglied der Hollandsche Teeken-Maatschappij.

Anfang August 1900 hatte sich Liebermann mit seiner Familie im Scheveninger Hôtel d’Orange eingemietet. Während seiner tagesfüllenden Arbeit, die er in Begleitung lokaler Maler wie Josef und Isaac Israëls am Strand verbrachte, entstanden eine Reihe von Studien und Bildern zum Thema „Reiter am Meer“. Mit den Jahren wurde Liebermann Scheveningen zu unruhig, so dass er sich nach einem neuen Standort umschaute. Von 1906 bis 1913 war dann Huis ter Duin in Noordwijk seine Sommerresidenz. In jenen Jahren entstanden zahlreiche Werke, und der ursprünglich figurative Maler entwickelte sich zunehmend zum Impressionisten. 127 Gemälde zeigen Schauplätze in Noordwijk.

1912 ernannte ihn Königin Wilhelmina zum Officier in de Orde van Oranje-Nassau. Er wurde in Noordwijk Ehrenmitglied der Künstlervereinigung „Crescentia“. 1913 unternahm Liebermann schließlich seine letzte Reise in die Niederlande, ein Jahr später begann der Erste Weltkrieg.

Sein niederländisches Künstlernetzwerk
Bei einer derart intensiven Verbindung zur „Malheimat Niederlande“ denkt man, dass er über ein sehr großes Netzwerk verfügt hat. In Wirklichkeit sind es nur einige wenige Malerfreunde, zu denen er wirklich intensiven Kontakt gehabt hat: August Allebé in Amsterdam, Jozef Israels in Den Haag, Jan Veth in Laren und Isaac Israels in Amsterdam.

August Allebé (1838-1927) war Liebermanns erster niederländischer Künstlerfreund. Er wurde 1880 Direktor der Reichsakademie Amsterdam. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Jan Toorop und Jan Veth. Über Allebé lernte Liebermann die Portugiesische Synagoge Amsterdams kennen, was ihn auch zu einer malerischen Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Herkunft anregte. Es sind jedoch nur wenige Quellen zu finden über die Intensität des Kontakts zwischen Allebé und Liebermann.

Liebermann und Jozef Israels (1824-1911) haben sich 1881 kennengelernt – er wurde sein wichtigster Freund in den Niederlanden. Israels sprach Liebermann damals auf einer Ausstellung der Hollandse Teekenmaatschappij an mit den Worten: „Bent u het die die kerels heeft geschildert?“. Als Liebermann 1884 Martha Marckwart heiratet, verbringen die beiden einen Teil ihrer Hochzeitsreise in den Niederlanden – in Gesellschaft von Jozef Israels und seiner Frau. Israëls führte ihn in die Hollandsche Teeken-Maatschappij ein und schlug ihn 1892 als Ehrenmitglied vor. Er hat ihn mit niederländischen Künstlern bekanntgemacht und ihn wahrscheinlich auch ins Pulchri Studio eingeführt. Immer wieder arbeiteten die beiden Künstler gemeinsam an Skizzen und Gemälden.

Jan Veth (1864-1925) lernte er 1884 in Laren kennen. Die Künstlerkolonie dort war Liebermanns zweiter wichtiger Künstlerkreis in den Niederlanden – neben der Haagse School. Der viel jüngere Veth wurde zu einem seiner besten Freunde. Veth war nicht nur Maler, sondern auch Dichter und Schriftsteller: Er gehörte den Tachtigers an, einer Erneuerungsbewegung niederländischer Literaten in den 1880er Jahren. Veth lehrte Kunstgeschichte und Ästhetik an der Rijksakademie in Amsterdam.

Isaac Israels (1865-1934) war der Sohn von Jozef Israëls. Isaac gilt als wichtigster Maler der Strandkultur des Fin de Siècle und der daran anschließenden Zeit. Isaac wählte als Motive auf Eseln reitende Kinder, Badegäste am Strand, flanierende Urlauber auf der Seebrücke und dem Boulevard, Damen auf der Terrasse des Cafés und in den Dünen. Zur selben Zeit wie Israëls malten dort sein Vater Jozef Israëls, Max Liebermann und Floris Arntzenius.

Dazu kommen natürlich noch weitere Künstler, mit denen er Kontakt gehabt haben muss: William Unger, Jacob & Willem Maris, Markus Bauer, Albert Neuhuys, Julius van de Sande Bakhuyzen, Wally Moes, Jan Rotgans, Etha Fles, Anton Mauve und Hendrik Mesdag. Leider bewahrte Liebermann seine Briefe nicht auf, so dass viele seiner Beziehungen nicht mehr nachvollzogen werden können.

Nach 1913 kehrte Liebermann nie mehr in die Niederlande zurück. Max Liebermann starb am 8. Februar 1935 in seinem Haus am Brandenburger Tor. Liebermanns Tochter Marianne emigriert 1939 mit ihrer Familie in die USA. Seine Frau Martha nimmt sich vor ihrer drohenden Deportation am 1. März 1943 das Leben.

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