In Rotterdam traf Katharina Borchardt den niederländischen Autor Ernest van der Kwast. „Ohne Kaffee ist das Leben schon schwerer und Schreiben ohne Kaffee kann ich sicherlich nicht“, gesteht der stolze Besitzer einer professionellen Kaffeemaschine während des Gesprächs. Bei einer Tasse Kaffee lernt auch der Protagonist seines neuen Romans „Der perfekte Mann“ (btb) Dschemine kennen, Haushaltshilfe der Familie Lindke, die kurz darauf sein Leben verändert. Denn Peter Lindke, Kunsthistoriker und Rembrandt-Experte im berühmten Museum Boijmans van Beuningen, hat plötzlich seine Arbeit verloren und steht am Anfang einer Sinnsuche in seinem bislang perfekt durchstrukturierten Leben. Hinzu kommt eine veritable Ehekrise, das Verhältnis zu seinen kleinen Söhnen läuft nicht zum Besten und einige Nachbarn gehen ihm gehörig auf die Nerven.
Angesiedelt in einem sozial gemischten Quartier, in dem besserverdienende Niederländer mit Migrantenfamilien Tür an Tür leben, sind die Konflikte vorprogrammiert. „Ja, es gibt Spannungen – drinnen wie draußen“, erzählt der Autor, der – in Indien geboren – einen Migrationshintergrund hat und mit seiner Familie in Rotterdam in einem ähnlichen Wohnumfeld lebt. Die Erfahrungen aus seinem persönlichen Engagement bei den „Rotterdamse Douwers“ – den „Rotterdamer Machern“ – fließen in den Roman mit ein. „Anderen Leuten zu helfen, macht glücklich!“, stellt Ernest van der Kwast fest. Ebenso wichtig sei es, Schritte aufeinander zuzumachen. Und so entwickelt sich die Geschichte von Peter, Dschemine und Ilyas, aber auch die von Peter und seiner Ehefrau Kee. Schließlich schlägt die Podcastfolge auch einen Bogen zu den jüngsten Wahlen in den Niederlanden und dem Sieg des Rechtspopulisten Geert Wilders, dem Ernest van der Kwast zutiefst misstraut. Er habe wenig Ideen für Problemlösungen und würde Konflikte eher verschärfen, stellt der Autor fest. Dass es auch anders geht, beweist er in seinem „Buch voller Humor und Hoffnung“ (Herman Koch).
Kopje koffie – bei einer Tasse Kaffee kommen die Journalistinnen Katharina Borchardt und Bettina Baltschev mit Autor:innen aus den Niederlanden und Flandern ins Gespräch und stellen frische Neuerscheinungen aus unseren Nachbarländern vor. Dabei sind auch Auszüge in Originalsprache und viel Persönliches von ihren Gästen zu hören. Der deutsche Bücherpodcast macht Lust und Laune auf eine Entdeckungsreise durch die aktuelle niederländischsprachige Literaturszene und ist ideale Einstimmung auf 2024, wenn die Leipziger Buchmesse unter dem Motto „alles außer flach“ die Niederlande und Flandern als Gastland präsentiert.
Foto: Kopje koffie. Der niederländisch-flämische Bücherpodcast