Auf Vorschlag von Heide Klijn stellen wir Ihnen monatlich ein Gedicht vor, das diesem Monat beziehungsweise der Jahreszeit gewidmet ist.
Wir führen die Reihe fort mit dem Gedicht „Komm in den totgesagten Park“ von Stefan George.
Komm in den totgesagten Park
Komm in den totgesagten Park und schau:
Der Schimmer ferner lächelnder Gestade,
der reinen Wolken unverhofftes Blau
erhellt die Weiher und die bunten Pfade.
Dort nimmt das zarte Gelb, das weiche Grau
von Birken und von Buchs, der Wind ist lau,
die späten Rosen welkten noch nicht ganz.
Erlese, küsse sie und flicht den Kranz.
Vergiss auch diese letzten Astern nicht,
den Purpur um die Ranken wilder Reben
und auch was übrig blieb vom grünen Leben
verwinde leicht im herbstlichen Gesicht.
Stefan Anton George ( * 12. Juli 1868 in Büdesheim, heute Stadtteil von Bingen am Rhein; † 4. Dezember 1933 in Locarno) wuchs in einer katholischen Umgebung auf, sein Vater war Weingutsbesitzer, Weinhändler und Gastwirt. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Darmstadt zeigte sich seine Begabung für Sprachen und er beschäftigte sich auch mit den politischen Ereignissen. Er liebte es, auf Reisen zu gehen und war auch später nicht lange an einem Ort ansässig. Sein Studium an der Berliner Universität beinhaltete die Fächer Romanistik, Anglistik, Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte. Als charismatischer Dichter verfasste er wenig Prosa und widmete sich der Lyrik. In seinen Antikriegsgedichten über den Ersten Weltkrieg ging es ihm um den pädagogischen Wert und nicht um den Ruhm. Bekannt ist sein Briefwechsel mit dem Freund Hugo von Hofmannsthal. Den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt 1927 lehnte er erst ab, nahm ihn dann doch an und fand eine Dankesrede nicht nötig. 1933 lehnte er die leitende Position als Präsident der Akademie der Dichtung ab und zog in die Schweiz. Zu seinem Andenken hat die Stadt Bingen ein Museum eingerichtet. (mehr auf Wikipedia)
Foto: Heide Klijn