Monatsgedicht Mai: Else Lasker-Schüler „Sinnenrausch“

Auf Vorschlag von Heide Klijn stellen wir Ihnen monatlich ein Gedicht vor, das diesem Monat beziehungsweise der Jahreszeit gewidmet ist.

Wir führen die Reihe fort mit dem Gedicht „Sinnenrausch“ von Else Lasker-Schüler.
 

Sinnenrausch

Dein sünd’ger Mund ist meine Totengruft,
betäubend ist sein süßer Atemduft,
Denn meine Tugenden entschliefen.
Ich trinke sinnberauscht aus seiner Quelle
und sinke willenlos in ihre Tiefen,
verklärten Blickes in die Hölle.

Mein heißer Leib erglüht in seinem Hauch,
er zittert, wie ein junger Rosenstrauch,
geküsst vom warmen Maienregen.
– Ich folge dir ins wilde Land der Sünde
und pflücke Feuerlilien auf den Wegen,
– wenn ich die Heimat auch nicht wiederfinde …

Else Lasker-Schüler wurde am 11. Februar 1869 in Wuppertal-Elberfeld geboren. Sie war eine wichtige Dichterin und Zeichnerin im deutschsprachigen Expressionismus. Sie schrieb Gedichte, Prosa und Dramen und galt als Wunderkind, da sie bereits mit vier Jahren lesen konnte. Im gut bürgerlichen Elternhaus wurde sie privat unterrichtet. Mit ihrem ersten Mann lebte sie bis 1903 in Berlin und war dort befreundet mit der sogenannten Neuen Gemeinschaft – zusammen mit Martin Buber, Erich Mühsam, Gustav Landauer, Gottfried Benn und Franz Marc.

Werke: „Styx“ (erster veröffentlichter Gedichtband 1902), „Der siebente Tag“ (zweiter Gedichtband 1905), „Meine Wunder“ (Erstausgabe 1911), „Hebräische Balladen“ (1913), „Gesammelte Gedichte“ (1917) sowie „Mein blaues Klavier“, letzter Gedichtband aus dem Exil, benannt nach dem Gedicht „Mein blaues Klavier“.

Nach der Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft 1933 Flucht in die Schweiz, wo ihr nach einer Rückkehr aus Palästina die Einreise verweigert wurde. Sie lebte als freie Schriftstellerin ohne Einkommen und war auf die Unterstützung von Freunden angewiesen. Trotz Erfolg und später Würdigung wurde sie immer depressiver und verstarb am 15. Januar 1945 in Jerusalem. Sie wurde auf dem Ölberg beigesetzt. (Wikipedia)

Foto: Christian Schneider

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