Einleitung
Am 12. September 2024 wurde in der Königlichen Gemäldegalerie Mauritshaus (Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis) die Ausstellung „Het verdwenen museum“ eröffnet. Die Ausstellung erzählt die Geschichte der heute verschwundenen Kuriositätensammlung, die sich für mehrere Jahrzehnte im Mauritshaus befand. Während man damals im oberen Stockwerk die berühmte Gemäldesammlung bestaunen konnte, beherbergte das Erdgeschoss mehr als 10.000 Gegenstände jeglicher Art und aus aller Welt.
Die Ausstellung
Mit mehr als 120 Leihgaben will die Ausstellung „Het verdewnen museum“ das „Koninklijk Kabinet van Zeldzaamheden“, das sich zwischen 1822 und 1875 im Mauritshaus befand, vorübergehend und an seinem ursprünglichen Standort zum Leben erwecken.
In der Ausstellung finden sich volle Vitrinen mit Objekten zur niederländischen Geschichte, aus China und Japan sowie zur Völkerkunde aus aller Welt. Diese Vitrinen bilden bewusst das ursprüngliche Museum ab: Die ersten beiden Räume waren damals mit chinesischen Gegenständen gefüllt, darunter Porzellanvasen, Elfenbeinkunst und Alltagsgegenstände. Der dritte und größte Raum war Japan gewidmet, mit einem großen Modell der Insel Deshima als Blickfang. Der vierte Raum enthielt Objekte aus allen Teilen der Welt. Durch die Gegenüberstellung von Gegenständen aus verschiedenen Kulturen konnten die Völker verglichen werden. Die Entwicklung der „Zivilisation“ wurde durch eine Rangordnung der Kulturen auf einer Leiter veranschaulicht. Die europäische Kultur wurde als „am weitesten fortgeschritten“ bezeichnet und stand daher ganz oben. Der letzte Raum schürte gezielt den Nationalstolz mit Objekten, die sich auf die „patriotische“ Geschichte, die königliche Familie und ehemalige Stadthalter bezogen. Damit sollte erreicht werden, dass die Besucher den letzten Raum des Kabinetts mit einem neuen nationalen Selbstwertgefühl verlassen.
Die neue Ausstellung ist also nicht nur eine Erinnerung daran, dass das Erdgeschoss des Mauritshauses für mehrere Jahre vom Boden bis zur Decke mehr als 10.000 faszinierende Gegenstände aus aller Welt beherbergte und im 19. Jahrhundert ein großer Publikumsmagnet war. Es wird auch deutlich herausgearbeitet, dass das Königliche Raritätenkabinett die niederländische Kultur und Geschichte – insbesondere im Vergleich zu anderen Kulturen – bewusst erhöht hat, um sich über die anderen Völker zu stellen. Die erzählten Geschichten wurden absichtlich übertrieben und falsche Informationen (heute bekannt als „Fake News“) verwendet, um den Nationalstolz zu schüren. Diese Weltanschauung des 19. Jahrhunderts beeinflusst nach Ansicht der Ausstellungsmacher heute immer noch die Art und Weise, wie Museen Geschichten erzählen.
Im Jahr 1883 wurde die umfangreiche Sammlung zwischen dem Rijksmuseum in Amsterdam und dem Vorgänger des heutigen Weltmuseums in Leiden aufgeteilt. Aus diesen Museen stammen auch die mehr als 120 Leihgaben, die in der Ausstellung zu sehen sind.
„Eindruck“
Zugegeben, es ist eine sehr kleine Ausstellung. Aber die Exponate sind sehenswert und gemeinsam mit dem Ausstellungsfilm bekommt man einen guten Denkanstoß, dass Museen auch Instrumente der Propaganda waren – und in vielen Ländern dieser Welt heute auch noch sind. Eine lohnenswerte kleine Reise in eine Zeit, in der es noch Kuriositätenkabinette gab und in der man weder in ferne Länder reisen konnte, noch bewegte Bilder fremder Kulturen zugänglich waren.
Ausstellungskatalog
Zur Ausstellung gibt es im Museumsshop sowie im Buchhandel einen ausführlichen Ausstellungskatalog in niederländischer und englischer Sprache:
Justine Rinnooy Kan, Sheila Reda, met assistentie van Martine Gosselink: Het verdwenen Museum, 2024, 182 Seiten, Paperback, ISBN: 9789462625709, 29,95 Euro.
Informationen zur Ausstellung
Ausstellung „Het verdwenen museum“
Zeitraum: 12. September 2024 bis 5. Januar 2025
Link zur Ausstellung
Link zu den Besucherinformationen
Veranstaltungstipp:
Begleiten Sie uns bei der Kulturmatinée am 13. November 2024 um 12.30 Uhr. An diesem Tag besuchen wir gemeinsam die kleine aber feine Ausstellung im Mauritshaus.