Der Parlamentsfotograf Erich Salomon in Berlin und Den Haag

Erich Salomon (* 28. April 1886 in Berlin; † 7. Juli 1944 im KZ Auschwitz) war ein deutscher Jurist, Fotograf und Bildjournalist. Als Fotojournalist hat Salomon den parlamentarischen Alltag dokumentiert – von 1928 bis 1931 im Berliner Reichstag und seit 1936 – im Exil – in beiden Kammern des niederländischen Parlaments. Er spielte damit in der Geschichte der visuellen Inszenierung des Parlamentarismus in beiden Ländern eine herausragende Rolle. In Deutschland galt er als ästhetischer Erneuerer der Parlamentsfotografie, der die Abgeordneten in bislang unbekannter Weise ins Bild setzte. In den Niederlanden wurde er ihr Begründer, weil er als erster Fotograf die Erlaubnis erhielt, während der laufenden Plenardebatten Aufnahmen anzufertigen. Er war der erste Fotograf, der Verhandlungen und Debatten „zum Leben erweckte“ – zuvor gab es nur gestellte und damit emotionslose Bilder.

Salomon studierte zunächst Maschinenbau an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin. Er wechselte die Studienrichtung und studierte später Rechtswissenschaften an der Universität München und Universität Berlin. Das Jurastudium schloss er 1913 mit der Promotion an der Universität Rostock ab. Nach der Kriegsgefangenschaft gründete er ein Taxiunternehmen und gelangte 1926 über eine Anstellung beim Ullstein Verlag zur Fotografie. Nach kurzer Zeit war der zu diesem Zeitpunkt bereits 39-jährige ein Star in seinem Beruf, seine Bilder erschienen in vielen deutschen und internationalen Blättern. In fünf Jahren lieferte er 350 Reportagen, meist Aufnahmen von internationalen Konferenzen und aus den gesellschaftlichen Zentren der Weimarer Republik, Westeuropas und der USA. Salomon war der erste Fotograf, der im Weißen Haus in Washington fotografieren durfte. Er fotografierte mit einer lichtstarken Ermanox-Kamera und viel kleineren Fotoplatten, als zu dieser Zeit üblich. Er war sehr findig, um zu seinen Fotos zu kommen: Seine Kameras verbarg er in eigens angefertigten Vorrichtungen, zum Beispiel in einem manipulierten Hörgerät, einem großen, schwarzen Verband für einen scheinbar gebrochenen Arm, ausgehöhlten Büchern und Diplomatenköfferchen mit zweckdienlichen Öffnungen. Hatte er ohne Erlaubnis Fotos geschossen und wurde erwischt, so musste er die belichteten Fotoplatten abgeben – dafür hatte er immer eine Anzahl unbelichteter Fotoplatten in der Jackentasche, die er dann abgab. Seine wertvollen Aufnahmen behielt er. Er achtete auch immer auf seine Erscheinung: Immer erschien er sehr sorgfältig gekleidet, meist im Frack oder im dunklen Anzug. Zudem verdankte er seinem familiären Hintergrund aus dem Bankensektor, aber auch seiner eigenen Umgänglichkeit, zahlreiche persönliche Kontakte, die ihm den Zugang zu den interessantesten Schauplätzen erleichterten. Nach der Flucht vor den Nationalsozialisten setzte er seine Tätigkeit in den Niederlanden fort und gilt dort heute als Pionier der Parlamentsfotografie. 1940 ging die Familie in den Untergrund, wurde 1944 verraten und im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Die Lebensleistung von Erich Salomon wirkt nach: 1971 wurde von der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) der Dr.-Erich-Salomon-Preis für außergewöhnliche bildjournalistische Arbeiten gestiftet.

Der Gesprächskreis „Kulturbrücken Den Haag – Berlin – Amsterdam“ findet zweimonatlich an einem Donnerstag online via Zoom statt und möchte ein aktives Format sein. Die Teilnehmer werden daher gebeten, sich anhand einer Materialiensammlung in das Thema einzulesen, damit die Diskussion von verschiedenen Standpunkten aus geführt werden kann. Das Format vertritt nicht den Anspruch eines professionellen historischen Gesprächskreises, will jedoch auf gehobenem Niveau gemeinsam interessante Aspekte der deutsch-niederländischen Geschichte entdecken.

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