Auf den Spuren der Friedensaktivistin Bertha von Suttner in Den Haag

„Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen.
Nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden.“

Bertha von Suttner


Von Daria Bouwman und Christian Schneider

Sie war Bestsellerautorin, Friedensaktivistin und die erste Frau, die den Friedensnobelpreis erhielt: Bertha von Suttner.

Geboren wurde von Suttner am 9. Juni 1843 in Prag, als Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau. Aus verarmtem Adel stammend war sie genötigt, sich ihren Lebensunterhalt selber zu verdienen. So brachten ihre Fremdsprachenkenntnisse sie unter anderem als Sekretärin zu Alfred Nobel, mit dem sie ein Leben lang in Kontakt bleib. Sie heiratete Arthur Gundaccar von Suttner, der wegen dieser Ehe von seiner Familie verstoßen wurde. Das Paar ging für acht Jahre nach Georgien, von wo sie journalistisch und literarisch über die Kriegshandlungen während des 1877 begonnenen Russisch-Türkischen Krieges berichteten. Nach ihrer Rückkehr nach Österreich söhnten sie sich mit Arthurs Familie aus, Bertha von Suttner blieb aber journalistisch aktiv. Sie setzte ihren Fokus auf eine friedlichere Gesellschaft und verschrieb sich mit aller Schaffenskraft dem Thema Pazifismus.

Mit 46 Jahren veröffentlichte sie im Herbst des Jahres 1889 den pazifistischen Roman „Die Waffen nieder!“. Der Roman erregte großes Aufsehen und Bertha von Suttner wurde so zu einer der prominentesten Vertreterinnen der Friedensbewegung. In ihrem Buch beschrieb sie die Schrecken des Krieges aus der Sicht einer Ehefrau und nicht aus der der Soldaten oder Helden. Das war neu und traf den Nerv der Gesellschaft, die zu dieser Zeit in heftigsten Diskussionen über den Militarismus und den Krieg begriffen war. Dieses Buch wurde ihr größter literarischer Erfolg. Es erschien in 37 Auflagen und wurde in zwanzig Sprachen übersetzt.

Für ihre weiteren Aktivitäten spielte Den Haag eine wichtige Rolle, noch heute lohnt es sich, ihren Spuren zu folgen.

1894 reiste Bertha von Suttner das erste Mal in die Stadt am Meer. Die niederländische Regierung hatte sie eingeladen, an der Konferenz der Interparlamentarischen Union teilzunehmen. Obwohl die eigentliche Konferenz im Rittersaal des Binnenhofs abgehalten wurde, wurden nach ihren Erinnerungen die wirklichen politischen Ergebnisse bei Abendessen und Empfängen in ihrer Suite im Kurhaus, wo sie Salon hielt, erzielt. Ihre informelle Diplomatie trug auch mit dazu bei, breite internationale Unterstützung für die Abrüstungsinitiative zu schaffen, die Zar Nikolaus II. 1898 ins Leben rief.

Diese Initiative des russischen Zaren führte schließlich zur Ersten Haager Friedenskonferenz. Dazu trafen sich von Mitte Mai bis Ende Juli 1899 Vertreter aus 26 Staaten im Huis ten Bosch, dem Sommerhaus der niederländischen Königin Wilhelmina. Das Besondere war, dass Regierungsvertreter dort erstmals ohne aktuellen Kriegsanlass über Möglichkeiten der Friedenssicherung und Abrüstung diskutierten. Sie unternahmen den ersten Schritt zur Einrichtung eines permanenten internationalen Schiedsgerichts, das ebenfalls in Den Haag angesiedelt werden sollte. Bertha von Suttner, damals hochgeachtete Ikone der Friedensbewegung, wurde zu den Gesprächen jedoch nicht eingeladen und durfte lediglich an der Eröffnungsfeier teilnehmen. Wieder war sie eine der zentralen Figuren, die im Hintergrund die Fäden zog. Sie residierte abermals im Kurhaus in Scheveningen, wo politisch sensible Themen oft vor der offiziellen Konferenz zunächst mit ihr besprochen wurden.

1905 erhielt sie als erste Frau den Friedensnobelpreis. Alfred Nobel war lebenslang ein großer Förderer der Friedensaktivistin und hatte auf ihr Betreiben hin sein Vermögen für diesen Preis zur Verfügung gestellt.

Zwei Jahre später, 1907, fand die Zweite Haager Friedenskonferenz statt. An dieser Zweiten Haager Friedenskonferenz nahmen bereits Vertreter von 44 Ländern teil. Bertha von Suttner hatte wieder Logis im Kurhaus eingenommen – und im Gegensatz zur Ersten Friedenskonferenz wurde sie dieses Mal dazu eingeladen, eine Rede zu halten. Aufgrund der großen Zahl an Teilnehmern war Huis ten Bosch jedoch zu klein, daher fanden die zentralen Veranstaltungen im kurz zuvor restaurierten Rittersaal statt. Das Generalsekretariat der Konferenz befand sich am Plein 23. Ein wichtiger Meilenstein der Konferenz war die Grundsteinlegung für den Friedenspalast am 30. Juli 1907.

Bertha von Suttner war mit dem Verlauf der Friedenskonferenz überhaupt nicht zufrieden – für sie hatte sie sich in eine „Kriegsgebrauchskonferenz“ verkehrt. In ihrem Tagebuch machte sie daher kurz vor Ende der Tagung im Oktober 1907 aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl:

„Dumme verstockte Menschheit. Im Haag wehren sie sich gegen die Konsequenzen des erwachten Pazifismus. Laut müssen die Völker werden. Die Wahrheit muss man den Leuten sagen, die ganze Wahrheit.“

Die dritte Haager Friedenskonferenz, die für 1915 vorgesehen war, fand dann nicht mehr statt – im August 1914 hatten sich die Kriegstreiber durchgesetzt und den Ersten Weltkrieg begonnen. Seinen Ausbruch hat Bertha von Suttner nicht mehr erlebt. Sie starb 71-jährig am 21. Juni 1914, eine Woche, bevor die tödlichen Schüsse in Sarajevo fielen.

Immerhin hatte sie noch einen Meilenstein auf dem Weg zu einer internationalen Friedenspolitik miterleben können: In ihrer Anwesenheit wurde am 28. August 1913 der Friedenspalast feierlich eröffnet.

Für den Ruf von Den Haag als „Stadt von Frieden und Recht“ hat sie mit ihrer Idee eines eigenen Hauses für Friedensverhandlungen den Grundstein gelegt.

Dossier No. 4: Quellenverzeichnis und Materialsammlung „Die Friedensaktivistin Bertha von Suttner in Den Haag“

Foto: Daria Bouwman


Zum Kriege: „Wissenschaft und Künste verfallen, Geschäfte stocken, Menschen verrohen und verarmen, alle sittlichen Maßstäbe werden verschoben. Der Zivilbevölkerung bringt er nur Not und Elend“
Bertha von Suttner

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