Paul Citroen (1896-1983) war ein niederländischer Künstler, Lehrer, Kunstsammler, Briefmarkendesigner und Mitbegründer der Nieuwe Kunstschool in Amsterdam. Er wurde in Berlin geboren und wuchs auch dort auf. Er verbrachte die ersten dreißig Jahre seines Lebens hauptsächlich in dieser Stadt. Zwei Jahre studierte er am Bauhaus in Weimar, zudem lebte und arbeitete er auch einige Zeit in den Niederlanden. Er war in erster Linie ein Zeichner, vor allem von Porträts. Daneben war er auch einige Jahre als Fotograf tätig. Er hat viele Zeichnungen hinterlassen, auch weil er mit 87 Jahren recht alt geworden ist.
Nach 1927 entschloss sich Paul Citroen, in Amsterdam – und später in Wassenaar – zu leben und arbeiten. Neben der Malerei und vor allem dem Zeichnen war die Fotografie ein wichtiges Thema in seinem künstlerischen Schaffen. Von 1929 bis 1935 arbeitete Citroen als Fotograf. Ab 1930 konzentrierte er sich auf die professionelle Porträtfotografie. Das zeichnerische Porträtieren bekannter Künstler, das er zeitlebens fortsetzen sollte, begann mit der Fotografie.
Citroen hat seine Erfahrungen mit dem Bauhaus als Vorbild genutzt für die Gestaltung einer eigenen Kunstschule in den Niederlanden. Inspiriert von seinen Bauhaus-Erfahrungen gründete er 1933 die Nieuwe Kunstschool in Amsterdam. Es war eine sehr freie Schule und auch die erste nicht subventionierte Akademie in den Niederlanden. Die Schule bestand bis 1941. Die Kurse wurden von den dort ansässigen Künstlern angeboten.
Paul Citroen hat auch in Den Haag gearbeitet. Neben Zeichnen, Malen und Architektur gab es in Den Haag seit Ende des letzten Jahrhunderts eine Ausbildung für Kunstlehrer. In der Zeit von 1937 bis 1960 war Citroen mit einer Unterbrechung während der Kriegsjahre als Dozent an der Kunstakademie Den Haag tätig. Während seiner Tätigkeit als Lehrer an der Akademie machte Citroen weiter Zeichnungen und Gemälde. Citroen hat einen wichtigen Beitrag zur Erneuerung der Zeichenausbildung geleistet.
Trotz seiner vielen Landschaften und Stillleben war Citroen in erster Linie ein Porträtist. „Da ich ein Porträtist bin, steht mir der Mensch vor der Kunst. Ohne die Menschen gäbe es sie nicht.“ Paul Citroen porträtierte viele bekannte Persönlichkeiten – aus den Niederlanden, Deutschland und weiteren Ländern. Er hatte eine lebenslange Faszination für Porträts, was sicher mit seinem großen Interesse an den Menschen zu tun hatte. Zeichnen und Malen waren für ihn eine gute Möglichkeit, jemandem nahe zu kommen. Etliche international bekannte Künstlerkollegen posierten für ihn, darunter Max Ernst, Otto Dix, Oskar Kokoschka und Marc Chagall. Citroen verewigte auch niederländische Kollegen, Studenten der Kunstakademie in Den Haag sowie Freunde und Bekannte.
Zu seinem sechzigsten Geburtstag im Jahr 1935 überraschte Erika Mann ihren Vater Thomas Mann mit einem Porträt von sich selbst, das von Paul Citroen gezeichnet worden war. In den Jahren 1939, 1947 und 1955 fertigte Citroen mehrere Porträts von Thomas Mann an seiner Urlaubsadresse in Noordwijk an. Der Kontakt zwischen Paul Citroen und Thomas Mann kam 1934 zustande, als Citroen dem von ihm sehr verehrten Autor ein Exemplar seines kürzlich erschienenen Büchleins „Material. Notizen eines Malers“ überreichte. Zur Überraschung und Freude von Citroen bedankte sich Thomas Mann mit einem freundlichen Brief aus New York.
1940 wurde Citroen am 23. November wegen seiner jüdischen Herkunft als Lehrer an der Kunstakademie in Den Haag entlassen. Für Paul Citroen war der Zweite Weltkrieg eine harte und sehr bedrückende Zeit. Zwischen 1943 und 1945 tauchte Citroen unter. Nach dem Krieg wurde er 1945 erneut als Mallehrer an die Kunstakademie in Den Haag berufen.
Er kombinierte nach dem Krieg die Malerei mit vielen anderen Aktivitäten. Citroen fertigte Bühnenbilder für die Oper, schmückte einen Kirchensaal und schuf auch sogenannte Rückglasmalereien für das Schiff „Nieuw Amsterdam“. Weiter erstellte er Grafiken und Buchillustrationen und entwarf exklusive Sommerbriefmarken in einer auffälligen und kontroversen Farbgebung. Im Laufe der Jahre entstanden Plakate für Ausstellungen, DVDs und Dokumentationen, außerdem erschienen Bücher über Citroen.
Er veröffentlichte auch häufig Beiträge in Zeitschriften. Regelmäßig erschienen Reflexionen zur zeitgenössischen bildenden Kunst, zunächst auf Deutsch, später auch auf Niederländisch.
Paul Citroen war auch ein großer Kunstsammler. Bereits während seines Aufenthalts in Berlin zwischen 1916 und 1927 hatte Citroen begonnen, Kunst zu sammeln, etwa Werke von Kandinsky, Legere, Jawlensky, Klee und Kokoschka. Viele dieser Gemälde haben inzwischen einen Platz in europäischen und amerikanischen Museen gefunden.
Citroen lieferte mit seinen Aktivitäten einen wesentlichen Beitrag zur Erneuerung der niederländischen Kunsterziehung. Citroen starb am 13. März 1983 im Alter von 86 Jahren in Wassenaar. Er hinterließ rund 7.000 Porträts. Die größte Sammlung von Citroen-Werken befindet sich im Besitz der Provinz Overijssel.
Text: Henk Merkus